Das Denkmal „09. NOV.1989“

Aus der Phantasiereise zum Bauwerk „Schritt nach vorn“ in der Zukunft, brachte Peter die reine Form, die sich nur noch auf das Wesentliche der Körpersprache bezieht, mit in die Gegenwart, in der gerade ein politisches Weltereignis stattfand; der Fall der Mauer zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik und er in seiner Geburtsstadt Hof mittendrin. Er sah die Züge ankommen und von einem Tag auf den anderen waren in der Stadt doppelt so viele Menschen, wie zuvor. Er spürte die Begeisterung und Freude der Menschen, denen es gelungen war sich zu befreien. Tief berührt von den emotionalen Begegnungen, denen er am Rande und dennoch gefühlsmäßig stark beteiligt beiwohnte, entwickelte er eine weitere Form, der die Körperhaltung eines aus- und aufbrechenden Menschen zugrunde lag, der sich durch Einsatz und Heldenmut von seinen Grenzen befreite.

Jetzt wollte er es wissen!

Konnte er die Qualität der ersten Skulptur wiederholen, oder hatte es sich nur um einen Zufallstreffer gehandelt.
Mit mehr Selbstvertrauen, als beim ersten Mal, fuhr er mit seiner Form zu Prof. Gomringer und stellte sie ihm auf den Tisch. Dieser sagte kein Wort, stand auf, holte seinen Fotoapparat hervor und lichtete die Skulptur einige Male ab, bevor er sagte: „Wie kann ich Ihnen helfen, Herr Kalb?“
Diese Bestätigung veranlasste Peter, der sich mit dem Gedanken trug, seine besondere Fähigkeit bei einem Kunststudium weiterzuentwickeln, zu der Frage an den Professor: „Welche Kunstakademie würden Sie mir denn empfehlen?“
Beinahe erschrocken entgegnete Prof. Gomringer ihm: „Um Gotteswillen, keine! Machen Sie genau da weiter wo sie gerade sind. Das was Sie schon haben, können Sie auf keiner Akademie der Welt lernen. Für die Qualität, die Sie liefern, sind Sie eigentlich viel zu jung. So etwas machen Künstler, die bereits wesentlich älter sind und auf erheblich mehr Lebenserfahrung zurückblicken können.“
Das Gutachten von Prof. Gomringer über diese Form, öffnete dann den Weg, um in der Stadt Hof das Denkmal zu errichten, dessen unveränderliche Aussage VON GRENZEN BEFREIEN ist. Angebunden an das Ereignis des Mauerfalls nannte Peter diese Form 9.NOVEMBER 89. Zu diesem Zeitpunkt war er sich noch in keiner Weise bewusst, dass er etwas Grundsätzlichem der menschlichen Existenz auf der Spur war, das nicht nur anregen wollte äußere Grenzen zum Einsturz zu bringen, sondern auch innere. Die enorme Resonanz auf die Formen ließ zwar eine Ahnung aufkommen, dass mehr darin enthalten war, als man auf den ersten Blick wahrnehmen konnte, aber Peter wusste zu diesem Zeitpunkt nicht was! So antwortete er auf die Frage eines Reporters, wie er es schaffe so eine Dynamik und gleichzeitige Ruhe in ein und dieselbe Form zu packen, mit den Worten:
„Ich weiß, dass mehr in diesen Formen steckt, aber ich kann Ihnen noch nicht sagen was es ist. Deshalb halte ich lieber den Mund, bevor ich dummes Zeug erzähle. Ich vertraue auf die Zeit. Sie wird über kurz oder lang die Bedeutung dieser Formen enthüllen.“

Und jetzt sind 19 dieser Formen da und ihre unabänderlichen Aussagen bereichern das Leben vieler Menschen.